FWG-Chef kandidiert als Bürgermeister

 Artmann ist es „leid mit Berger“

Bürgermeister Dr. Alexander Berger bekommt es bei der Wahl am 13. September mit einem weiteren Gegenkandidaten zu tun. Nach Hermann Huerkamp (SPD) hat jetzt auch der Vorsitzende der Freien Wählergemeinschaft (FWG), Heinrich Artmann, seinen Hut in den Ring geworfen. 

Von Peter Harke

Sonntag, 05.07.2020, 18:30 Uhr

AhlenVon seiner Ehefrau Beate habe er sich schon die „Erlaubnis“ geholt, tat Heinrich Artmann  kund. Nun brauchte der Vorsitzende der Freien Wählergemeinschaft Ahlen e.V. (FWG) noch den Segen der Mitglieder, um bei der Wahl zum Bürgermeister der Stadt Ahlen am 13. September antreten zu können. Und bekam ihn. Einstimmig wurde der 60-Jährige auf der Wahlversammlung der FWG am Freitagabend im Ratssaal nominiert.

Dabei stand der Punkt „Wahl eines Bürgermeisterkandidaten“ ursprünglich gar nicht auf der Tagesordnung. Doch gegen deren Erweiterung, um die Artmann zu Beginn bat, hatte niemand Einwände, und schon die auch für einige Anwesende überraschende Ankündigung des Vorsitzenden, ge­gen Amtsinhaber Dr. Alexander Berger antreten zu wollen, wurde mit Beifall aufgenommen.

„ Ich werde ja nicht nur Berger Stimmen wegnehmen, sondern auch Huerkamp. „

Heinrich Artmann

Bedenken meldete nur Paul Kowarsik an. Er habe „ein bisschen Angst“, dass Artmann Berger so viele Stimmen abnehme, dass am Ende SPD-Kandidat Hermann Huerkamp gewinnen könnte. „Und den“, so Kowarsik, „wollen wir nicht haben. Der ist überhaupt nicht geeignet.“ Artmann erwiderte: „Ich werde ja nicht nur Berger Stimmen wegnehmen, sondern auch Huerkamp.“ Er sehe nicht die Gefahr, dass Letzterer im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit bekomme.

Seine eigenen Chancen schätze er realistisch ein, versicherte der FWG-Chef. Ihm gehe es vor allem darum, den Freien Wählern mehr Gehör zu verschaffen. Aufmerksamkeit erreichen könne man als kleinere Gruppierung aber nur, „wenn man jemanden da vorne hinstellt“. Die Anliegen und Vorschläge der FWG würden von der Verwaltung und den anderen Parteien „ständig abgewürgt“, klagte Artmann. Vor allem auf den Bürgermeister ist er nicht gut zu sprechen, der E-Mails mitunter wochenlang unbeantwortet lasse. Im Gespräch mit dieser Zeitung wurde Artmann noch deutlicher: „Ich bin es einfach leid mit Berger. Die Verwaltung muss anders geführt werden.“ Dafür, so der frühere Maschinenbau-Ingenieur, müsse man übrigens kein Jurist sein, wie man am Beispiel des Hammer OB Hunsteger-Petermann sehen könne. Und sollte er Bürgermeister werden, würde er gerne eine Art Beirat mit unabhängigen Experten einberufen.

Neubau der Stadthalle nicht vermittelbar

In seiner „Bewerbungsrede“ sprach Heinrich Artmann einige der kommunalpolitischen Themen an, die ihn aktuell umtreiben, von der Zukunft der Flüchtlingsun­terkunft in Dolberg bis zum Ausbau der Kläranlage. Vor allem aber die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise auf die städtischen Finanzen. Auch wenn für dieses Jahr Bund und Land die Einnahmeausfälle bei der Gewerbesteuer ausglichen: „Die Probleme werden 2021 erst noch kommen“, prophezeite der FWG-Vorsitzende. Vor diesem Hintergrund wäre es aus seiner Sicht den Bürgern nicht zu vermitteln, eine neue Stadthalle zu bauen. Kostensteigerungen seien nicht auszuschließen, wie beim neuen Baubetriebshof, wo der Projektsteuerer seine Aufgabe „nur mangelhaft wahrgenommen“ habe. Ahlen brauche dringend einen neuen Baudezernenten, von daher habe er kein Verständnis dafür, dass die Vorstellungsgespräche jetzt schon wieder auf Mitte August verschoben würden. Auch einen zweiten Beigeordneten für Soziales könne sich die FWG „sehr gut vorstellen“. In diesem Bereich gebe es „laufend Neueinstellungen“, ohne dass deren Wirksamkeit nachgewiesen werde.

Bernd Stürmer, stellvertretendes Mitglied der FWG im Ortsausschuss Vorhelm, bestärkte Artmann in seiner explizit erklärten Bereitschaft, für das Bürgermeisteramt nicht nur zu kandidieren, sondern es im Falle seines Wahlsiegs auch zu übernehmen: „Wir brauchen jemanden, der entscheidet und nicht alles aussitzt.“

Heinrich Artmann kandidiert für das Amt des Bürgermeisters in Ahlen!

Heinrich Artmann kandidiert für das Amt des Bürgermeisters in Ahlen!

Artmann ist nicht ganz zufrieden

Ahlen - „Insgesamt ganz gelungen“, urteilt Heinrich Artmann über den Sidney-Hinds-Park nach der Umgestaltung. Allerdings gefallen ihm zwei Dinge nicht: Die Gedenkstätte für den ehemaligen jüdischen Friedhof sei nicht mehr barrierefrei zu erreichen, sondern nur noch über eine Treppenanlage. „Das muss unbedingt geändert werden“, fordert der Vorsitzende der Freien Wählergemeinschaft (FWG) und will dies auch in Form eines Antrags in die nächste Sitzung des zuständigen Ausschusses einbringen. Nicht ganz so geglückt findet Artmann auch die Abgrenzung der alten Stadtbefestigung mit Cortenstahl, der beim Hinsetzen abfärbe.

Flüchtlingsunterkunft in Dolberg FWG: „Standort ideal für Polizeieinheit“

Ahlen / Dolberg - Die Bundespolizei sucht nach Medienberichten für eine mobile Einheit einen Standort im Raum Hamm/Ahlen. Darauf ist auch der Vorsitzende der Freien Wählergemeinschaft (FWG), Heinrich Artmann, aufmerksam geworden. Er hätte da einen konkreten Vorschlag.

Rund 25 Kräfte zählt derzeit die neue Mobile Kontroll- und Überwachungseinheit (MKÜ) der Bundespolizei, die vor wenigen Tagen im Hammer Hauptbahnhof stationiert worden ist. Doch diese Unterbringung soll nur vorübergehend sein, es wird eine dauerhafte Bleibe gesucht. Ein entsprechender Erkundungsauftrag sei an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) gegangen, bestätigte eine Sprecherin der Bundespolizeidirektion St. Augustin.

Heinrich Artmann bringt erneut die jetzige Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Geflüchtete in Dolberg ins Spiel. Er fordert seit Längerem deren Auflösung und eine Verlegung nach Ahlen in die ehemalige Bodelschwinghschule. Die Liegenschaft am Hermesweg sei für die Unterbringung von Asylsuchenden „völlig ungeeignet“, böte aber aufgrund ihrer verkehrsgünstigen Lage nahe zur A2 „hervorragende Möglichkeiten für die Bundespolizei“.

Der Fraktionsvorsitzende der FWG hatte bereits in der letzten Sitzung des Dolberger Ortssauschusses angeregt, dass Interesse Ahlens bei der Bima zu bekunden. Da er davon ausgehe, „dass dies nicht geschehen ist“, fordert Artmann jetzt in einer Anfrage an den Bürgermeister die Verwaltung schriftlich auf, „umgehend Gespräche mit der bundeseigenen Liegenschaftsverwaltung für Immobilienaufgaben aufzunehmen“. Der FWG-Chef argumentiert: „Für die Stadt Ahlen bieten sich damit hervorragende Möglichkeiten der Nachnutzung mit einem erheblichen Prestigegewinn. Erweiterungen oder Anpassungen sind durch das direkt angrenzende Gewerbegebiet umfassend möglich. Die Bürger Dolbergs würden zudem eine gesteigerte gefühlte Sicherheit erfahren.“

Die FWG erwarte eine Unterrichtung des Rates über die Gespräche mit der Beantwortung dieser Anfrage in der nächsten Ratssitzung.

Telefonkonferenz der Fraktionsvorsitzenden verschoben

Artmann ist „stinksauer“

-Von Peter Harke- Ahlen - Bürgermeister Dr. Ale­xander Berger hat eine für Dienstagmittag geplante Te­lefonkonferenz mit den Vorsitzenden der Ratsfraktionen kurzfristig abgesagt und auf den 16. April verschoben. Begründung: Zur „Coronalage“ mangele es aktuell an neuen Informationen. Möglicherweise gebe es bis zu dem neuen Termin Aussagen von Bund und Land, „wie es nach den Osterferien weitergehen soll“.

FWG-Chef Heinrich Artmann ist damit nicht nur nicht einverstanden. Er sei „stinksauer“ darüber, sagt er im Redaktionsgespräch. „Der Bürgermeister zieht sich zurück und nimmt den Rat aus dem Spiel“, kritisiert der Vorsitzende der Freien Wählergemeinschaft. Dabei wäre aus seiner Sicht „mehr als genug zu erörtern und zu klären“. Als Beispiel nennt Artmann den „Stillstand“ bei der Neubesetzung der Stelle des Stadtbaurats, nachdem die für den 18. März anberaumten Vorstellungsgespräche abgesagt worden waren.

„Mich würde auch mal interessieren, ob für die Beschäftigten der städtischen Gesellschaften – Stadthalle und Bäder – Kurzarbeit beantragt wurde“, so Artmann weiter. Ebenso müsste über die Frage einer möglichen Haushaltsbewirtschaftungssperre, wie sie Oelde bereits verhängt habe, offen diskutiert werden. Und über seine Anregung, die Neubaupläne für Rathaus und Stadthalle noch einmal zu überdenken.

Ein weiteres Thema, dass den FWG-Vorsitzenden umtreibt, sind die Probleme, die sich aus der Schließung des Baubetriebs- und Wertstoffhofes ergeben. „Die Verunreinigungen in der Landschaft nehmen dramatisch zu“, hat er beobachtet und will darum wissen, „wann endlich“, wie vom Leiter der Ahlener Umweltbetriebe, Bernd Döding, vor zwei Wochen in Aussicht gestellt, nach Hammer Vorbild auch in Ahlen wenigstens Container für Gartenabfälle aufgestellt werden. Apropos Hamm: Dort gebe es schon seit vier Wochen wieder Was­ser auf den Friedhöfen.

Kurzum: Für die Verschiebung der interfraktionellen Runde hat Heinrich Artmann kein Verständnis. „Trotz Corona“, sagt er, „das Leben geht ja weiter.“ Und die Kommunalpolitik stehe nicht unter Quarantäne.

FWG warnt angesichts der Coronakrise vor „finanziellen Abenteuer

Rathauspläne neu überdenken

-Von Peter Harke- Ahlen - Noch keine volle vier Wochen sind ins Land gegangen, seit beim Bürgerentscheid am 8. März der Ratsbeschluss zum Neubau von Rathaus und Stadthalle von der Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer bestätigt worden ist. Der Beschluss, den auch die Fraktion der Freien Wählergemeinschaft (FWG) am 4. Juli 2019 mitgetragen hat. Dennoch fordert jetzt die FWG, die Pläne noch einmal auf den Prüfstand zu stellen – und abzuspecken.

„Wir wollen keine Crash-Propheten sein“, erklärt FWG-Chef Heinrich Artmann, der sich in dieser Woche mit seinen Fraktionskollegen Silvia Hillebrand und Bernd Avermiddig kurzgeschlossen hat. Doch ohne jeden Zweifel treffe die Coronakrise auch die Ahlener Wirtschaft hart, und es sei davon auszugehen, „dass uns die Gewerbesteu­ern in den nächsten Jahren massiv einbrechen werden“. Vor diesem Hintergrund, so Artmann im Redaktionsgespräch, wäre es aus Sicht der FWG unverantwortlich, wenn sich die Stadt in „finanzielle Abenteuer“ mit ungewissem Ausgang stürzen würde.

Konkret fordert die FWG, die bereits eingeleiteten Ausschreibungen und Vergabeverfahren zu stoppen. „Dafür ist es jetzt noch früh genug“, denkt Artmann. Allein die vom Rat beschlossenen Planungsleistungen hätten eine Größenordnung von drei bis vier Millionen Euro. Die Pläne für den Neubau des Bürgerforums sollten auf jeden Fall zurückgestellt werden. „Ahlen wäre nicht die erste Stadt“, so Artmann, „die eine neue Stadthalle baut und nachher die Kosten für die Bewirtschaftung nicht mehr tragen kann.“ Damit könne man sich immer noch beschäftigen, wenn die Rahmenbedingungen wieder an­dere seien. Es dürfe jedenfalls nicht so weit kommen, dass man die Bäder oder die Stadtbücherei schließen müsse, um die Stadthalle am Laufen zu halten.

Vorerst sollte nach Auffassung der Freien Wählergemeinschaft nur der Bau ei­nes neuen, zweckmäßigen Verwaltungsgebäudes weiterverfolgt werden. „Das ließe sich für 15 bis 20 Millionen Euro unter Umständen auch in Fertigbauweise errichten“, hat Artmann recherchiert. Als mögliche Standorte böten sich „verschiedene innerstädtische Grundstücke“ an, die auch schon früher im Gespräch gewesen seien. Den heutigen Rathausparkplatz möchte die FWG nicht mehr opfern. Artmann: „Wir müssen die Sorgen der Geschäftswelt ernst nehmen.“ Auch sie werde lange an den Folgen der Coronakrise zu knacken haben.

Heinrich Artmann hofft auf breite Unterstützung für seinen Vorstoß bei den anderen Parteien und politischen Gruppierungen im Rat. „Wir sollten gemeinschaftlich noch mal überlegen, was für Ahlen das Sinnvollste ist.“ In der nächsten interfraktionellen Telefonkonferenz mit dem Bürgermeister will der FWG-Vorsitzende das Thema ansprechen. „Wir erwarten, dass Dr. Berger, der auf unsere schriftlichen Anfragen ja nicht reagiert, dann was dazu sagt.“